Ausstrahlung am Montag, 14.03.2022 um 23 Uhr 25
ARD, Geschichte im Ersten
"Frankreichs deutsche Kinder"
Die französische Besatzungszone nach 1945: Tausende Kinder deutscher Mütter und französischer Väter kommen zur Welt. Sie sollen nach Frankreich gebracht und dort adoptiert werden – ein ehrgeiziges, aber skandalöses Projekt, um die demographische Entwicklung Frankreichs anzukurbeln. Ihrer deutschen Identität beraubt, wissen viele Adoptivkinder bis heute wenig über ihre Wurzeln.
Deutschland, Sommer 1945: Junge Soldaten der alliierten
Besatzungstruppen lassen sich nach dem Ende des Krieges in Deutschland nieder.
Es entstehen Beziehungen zwischen ihnen und den Frauen eines Landes, in dem die
Männer als Vermisste oder Kriegsgefangene abwesend sind. Neun Monate später
werden sogenannte Besatzungskinder geboren. Die Briten, Amerikaner und Russen
betrachten diese Kinder als Privatangelegenheit der Deutschen – nicht jedoch die
Franzosen.
Sie sehen in den Kindern deutscher Mütter und französischer Soldaten einen
„nationalen Schatz“, der heimgeholt werden muss. Seit Jahrzehnten stagniert die
Bevölkerungszahl in Frankreich, das Land ist nach zwei Weltkriegen ausgeblutet.
Mit den Besatzungskindern hoffen Bevölkerungsexperten und Politiker die
demografische Entwicklung wieder ankurbeln zu können.
Auf höchster Ebene wird ein grenzübergreifendes Adoptionsprogramm angelegt.
Sogenannte Recherche-Offiziere suchen die Wöchnerinnen auf und bemühen sich mit
Nachdruck, die Mütter zur Abgabe der Kinder zu bewegen. Viele Frauen willigen
ein, denn ihre Lage ist meist prekär. Ein uneheliches Kind mit dem Feind zu
haben, gilt in der Familie und Nachbarschaft als Schande. Die Kinder werden
nach Frankreich gebracht und an Adoptiveltern übergeben. Alle Hinweise auf ihre
deutsche Herkunft werden bewusst getilgt.
Mit der Gründung der Bundesrepublik kommt das Adoptionsprogramm zum Erliegen
und Frankreich fürchtet einen außenpolitischen Schaden. Um sämtliche Spuren zu
verwischen, fordert Frankreich Anfang der 50er Jahre alle Akten aus den
deutschen Ämtern an. Betroffene haben also kaum eine Chance, mehr über ihre
deutsche Herkunft zu erfahren. Die Dokumentation „Frankreichs deutsche Kinder“
begleitet zwei Frauen bei dem Versuch, ihre ersten Lebensjahre in Deutschland
zu rekonstruieren.
Regie : Anja Unger
Land : Frankreich
Jahr : 2021